Mittwoch, 26. Februar 2014

Geschichte #9 - Das Mädchen mit der Haut aus Asche: Teil 2

Hier kommt ihr zu Teil 1.

Obwohl nirgendwo Licht war konnte Maria ihr Spiegelbild haargenau erkennen. Es sah aus wie immer, unversehrt, beschützt. Nur ihre Haut wirkte blasser. Und ihre Augen, die einmal so leuchteten, verloren nach und nach ihre Farbe.
Sie sah an sich herab.
Die Haut, die vor einer Sekunde noch weich und unberührt aussah wurde grau und zerfetzte und dort, wo sie nicht zerfetzt war, traten dunkelblaue Adern hervor. Ihr Gesicht sah plötzlich älter aus, ihre Lippen beinahe farblos und unter ihren Augen weiteten sich Ringe in einem dunklen Violett aus. Ihre welligen Haare verloren ihren Glanz und hingen nur noch leblos an ihr herunter, ihre Nägel wurden rissig und fast schwarz.
Aber Maria hatte keine Angst. Es schien ihr normal.

Mit einem lauten Knall schwang die Tür auf und ihre Mutter hetzte in den Raum.
Maria schreckte um. Sie durfte sie nicht so sehen. Schnell griff sie zu ihrem Bademantel und verdeckte ihren Körper.
Ihre Mutter starrte sie geschockt an, dann schloss sie ihre Tochter in die Arme. Sie weinte.
Maria erhaschte einen kurzen Blick in den Spiegel. Alles sah wieder so aus wie vorher. „Wo warst du nur? Warum bist du nicht nach hause gekommen?“
Ich weiß nicht“, sagte Maria tonlos. „Die anderen haben gesagt, dass ich eingeschlafen bin und als ich wieder aufwachte, war es schon so spät.“
Aber wie bist du rein gekommen? Ich war die ganze Zeit unten und habe auf die gewartet. Ich hätte beinahe die Polizei gerufen, ist dir das klar?“ Jetzt weinte sie nicht mehr, sondern sah Maria direkt in die Augen. Ihr Tonfall wurde strenger.
Ich habe mich zur Hintertür rein geschlichen. Das Licht war aus und ich dachte, dass du schon schläfst. Ich wollte dich nicht wecken. Bitte Mama, ich bin doch hier und ich möchte schlafen. Können wir nicht morgen darüber reden?“
Prüfend sah sie Maria von oben bis unten an. Ihr Blick wirkte nachdenklich „Okay, dann bis morgen“, flüsterte sie mit einem schwachen Lächeln und verließ den Raum. Das war das Gute an ihr, sie konnte abwarten. Sie ließ Maria Zeit und Maria wusste, dass sie alle Zeit der Welt haben würde, denn sie würde nie wieder schlafen können.

Am nächsten Morgen ging Maria schon sehr früh aus dem Haus, um ihrer Mutter so gut wie möglich aus dem Weg zu gehen. Es funktionierte. Da war nur ein „Morgen, Mama“ und ein „Viel Spaß in der Schule, komm aber heute sofort nach hause. Wie müssen reden.“ und noch ein „Okay.“
Dann war Maria verschwunden.

Die Schule ging schnell herum, schneller als damals, als sie noch lebte. Ihre Freunde wussten nicht, was letzte Nacht geschehen war und am Tag davor.
Sie lachten viel und Maria lachte mit und sie fragte sich, was sie früher daran so lustig fand. Sie fragte sich, wie sie überhaupt für irgendetwas Gefühle aufbringen konnte.
Nach dem Unterricht ging sie zurück zum Wald. Sie schrieb eine SMS an ihre Mutter: Ich bin erst in einer Stunde da. Es ist was dazwischen gekommen.
Dann wartete sie bis ein schwacher Wind aufkam. Das war alles um die Fährte zu ihrem „Grab“ aufzunehmen. Sie musste einfach nochmal dorthin, vielleicht würde sie etwas finden, was ihr zeigte, warum das alles passierte.
Immer tiefer ging sie in den Wald, abseits aller Wege. 

Hier kommt ihr zu Teil 3. 

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